Julia Koschitz Harvestehude

20 ALSTER-MAGAZIN NR. 01 2017 Alster Magazin: Bisher waren Sie noch nicht auf einer Hamburger Bühne zu sehen. In Ganzkörpereinsatz geben Sie also Ihr Hamburg-Debüt? Julia Koschitz: Ja, das ist richtig. Ich habe bisher in Hamburg nur gedreht (zuletzt für Zweimal lebenslänglich). Hat Sie die Hamburger Theaterszene schon länger gereizt? Die Hamburger Kammerspiele und ich sind schon länger in Kontakt, weil ich vor etwa acht Jahren schon mal vorgesprochen habe. Es ist aber meistens aus zeitlichen Gründen nie zu einer Zusammenarbeit gekommen. Erst jetzt, für Ganzkörpereinsatz, hat es geklappt. Es hat mich sowohl inhaltlich, als auch von der Regie und der Besetzung überzeugt, insofern ist ein alter Wunsch in Erfüllung gegangen. Welche Ecke von Hamburg finden Sie am schönsten? Ich finde diese Stadt generell unglaublich schön und freue mich, dass ich die Gelegenheit habe, mehr von Hamburg kennenzulernen. Jetzt im Winter kommt es mir z.B. ganz anders vor, bisher war ich immer im Frühsommer hier. Aber ich habe keinen Lieblingsplatz, zumindest noch nicht. Ich finde es wunderbar, um die Alster herum laufen zu gehen, aber ich freu mich schon auf viele neue schöne Orte. Was ist aus Ihrer Sicht die zentrale Thematik des Stückes? Ich würde sagen, dass es um die verkorkste, sinnentleerte Welt von Stars und Möchtegern Stars geht, in der sich alles um Selbstdarstellung und öffentliche Aufmerksamkeit dreht. Um ihre Sehnsucht nach Ruhm zu stillen, sind die Figuren Karen und Steve bereit das Intimste, also auch ihr Sexleben, zur Schau zu stellen. Wir wollen diese Problematik aber etwas allgemeingültiger erzählen, auf den medialen Menschen und seine Sucht nach Aufmerksamkeit ausgeweitet. In Ganzkörpereinsatz geht es viel um den Arbeitsalltag von Schauspielerinnen und Schauspielern. Macht Ihnen diese Ironie Freude? Klar! Es ist ein Vergnügen, das, was man selber manchmal auch viel zu ernst nimmt, nämlich sich selbst, auf die Schippe zu nehmen. Und das Stück zielt vor allem auf uns Schauspieler ab. Aber auch wenn wir mit dem Thema Schein und Sein mehr zu tun haben, als viele andere, glaube ich, dass man sich generell in den Figuren und ihrem Drang nach (medialer) Aufmerksamkeit widerspiegeln kann. Verursacht hat die ganze Problematik in Ganzkörperein- satz ein fiktiver Regisseur, der als europäisches Arsch- loch beschrieben wird. Halten Sie den übertriebenen Anspruch an Realismus für ein europäisches Phänomen? Ich finde, dass sowohl der amerikanische, als auch der europäische Filmmarkt eine so große Bandbreite zu bieten hat, dass man mit dieser Kategorisierung zu kurz greifen würde. Aber natürlich hat man sofort ein paar konkrete Assoziationen zu europäischen Regisseuren, die einen etwas provokativeren Ansatz hatten. Gibt es Rollen-Typen, die Sie besonders Reizen? Oder suchen Sie die Herausforderung der Differenz? Von jeder Rolle wünsche ich mir, dass sie mir eine neue He- rausforderung stellt. Insofern geht es mir schon auch um Ab- wechslung. Ich versuche auf jede Figur neu zuzugehen und sie neu zu erleben und in der Auseinandersetzung mit ihr auch ein bisschen mich selbst besser kennenzulernen. Wolfgang Wagner ALSTER MAGAZIN L O C A L P E O P L E Im Theaterstück Ganzkörpereinsatz, das die Sucht nach medialer Aufmerksamkeit themati- siert, gibt Julia Koschitz ihr Hamburg-Debüt. Wir sprachen mit der 42-Jährigen über ihren Weg an die Hamburger Kammerspiele in Harvestehude und die Ironie als Schau- spielerin eine Schauspielerin zu spielen. Fo to : A na to l K ot te Mit Julia Koschitz im Gespräch In Ganzkörpereinsatz sorgt folgende Konstellation für Verwir- rung: Die Schauspielkollegen Karen (Julia Koschitz) und Steve (Patrick Heyn) müssen eine möglichst realistische Sexszene dre- hen, bei der sie auf Wunsch des Regisseurs wirklich miteinander schlafen sollen. Dabei steht Karen auf Frauen! Um Streit mit ihren Partnern zu vermeiden, treffen sie sich vor dem Dreh zu viert zu einem Abendessen, um sich auf gewisse Grenzen zu einigen. Julia Koschitz hat bereits in drei Tatort-Produktionen mitge- wirkt. Am 16. und 18.1. lief im ZDF der historische Zweiteiler Das Sacher. In bester Gesellschaft, in dem sie die Verlegerin Martha Aderhold spielte. Ganzkörpereinsatz hat Premiere am 29.1. , Vorstellungen bis 12.3. in den Hamburger Kammerspielen, Hartungstraße 9-11. Karten zwischen 10 und 43 unter www.hamburger-kammerspiele.de .