Finanzbehörde leiten jetzt

NR 5 2018 ALSTER-MAGAZIN 21 gefahren und habe meinen Vater von der Arbeit abgeholt. Es ist ein bisschen eine Rückkehr zu den Ursprüngen. Mit der Finanzbehörde leiten Sie jetzt ein Schlüsselressort. Wo liegen für Sie die Herausforderungen? Zunächst einmal haben wir uns jetzt darum zu kümmern, dass mit dem Verkauf der HSH Nordbank eine massive Erblast des Hamburger Haushaltes abgearbeitet wird. Wir haben ein gutes Verhandlungser- gebnis erzielt, jetzt müssen noch die Aufsichtsbehörden grünes Licht geben und auch die Bürgerschaft muss dem Vertrag zustimmen. Dazu kommt die Frage, wie wir das Wachstum unserer Stadt gestalten und finanzpolitisch absichern können. Dafür haben wir im Rahmen der Finanzgesetzgebung gerade eine Änderung auf den Weg gebracht, die es uns ermöglicht, das Wachstum der Stadt auch finanziell gestalten zu können, wenn es um das Mitwachsen der Infrastruktur geht. Und natürlich spielt auch die Debatte um die Grundsteuer eine wichtige Rolle für uns. Hier wollen wir eine gerechte und leicht handhabbare Neuregelung erreichen, die Eigen- tümer und Mieter insgesamt nicht zusätzlich belastet. Sie haben angekündigt, künftig einen hohen dreistelligen Millio- nenbetrag zusätzlich in Bildung, Forschung und Kinderbetreuung investieren zu wollen. Ihre Kri- tiker werfen Ihnen vor, lediglich Geschenke für den anstehenden Wahlkampf verteilen zu wollen. Die Stadt Hamburg wächst und mit ihr die Steuereinnahmen. Uns ist klar, dass strukturelles Wachs- tum auch Auswirkungen auf die Finanzpolitik haben muss. Aus diesem Grund erhöhen wir in ver- antwortbarer Weise mit einer Sys- temanpassung den Ausgaberahmen. Das ermöglicht es uns, wichtige Zukunftsprojekte mit zu finanzieren. Würden wir das nicht tun, würden wir das Wachstum unserer Stadt gefährden. Dann gibt es hier zwar immer mehr Kinder, aber keine Plätze in den Kitas, an den Schulen und die Hochschulen wachsen nicht mit. Warum müssen wir überhaupt um jeden Preis wachsen? Wachstum wird nicht politisch verordnet, es findet aber statt. Und kluge Politik zeichnet sich eben dadurch aus, dass sie dieses Wachstum gestaltet und sich darum kümmert, dass alle etwas davon haben und keiner auf der Strecke bleibt. Ich stelle in diesem Zusammenhang immer die Gegenfrage: Wollen wir mit Regionen in Deutschland tauschen, die schrumpfen? Wo ein Bürgermeister entscheiden muss, ob er die Schule, das Schwimmbad oder die Bücherhalle schließt? Da lebe ich lieber in einer Stadt, in der wir Wachstum gemeinsam gestalten können. Und genau das machen wir gerade. Müssen wir nicht aufpassen, dass wir in dieselbe negative Rich- tung abdriften wie die Megacities Mexico City oder Tokio? Von solchen Megacities sind wir in Hamburg weit entfernt. Wir sind eine sehr grüne Stadt und im Vergleich zu anderen deutschen Städten relativ dünn besiedelt. Sämtliche Kenndaten sprechen da eine deutliche Sprache, was sich auch nicht durch den zusätzlichen Wohnungsbau ändern wird. Wir werden eine grüne Stadt bleiben und entwickeln deshalb beispielsweise auch die Verkehrssysteme weiter. Wir bauen neue U- und S-Bahnlinien, weil klar ist, dass der Straßenraum nicht vermehrbar ist. Ich bin insgesamt der Überzeugung, dass ein vernünftig gesteuertes Wachstum zum Wohle sämtlicher Einwohner beiträgt. Kehren wir noch einmal zurück zu den Hamburger Finanzen: Die Bilanz des städtischen Kernhaushaltes liest sich blendend. Schuldenabbau trotz immer neuer Investitionen. Böse Zungen behaupten allerdings, der Senat würde neue Schulden lediglich an die städtischen Tochterfirmen auslagern, um kurzfristig seine Bilanz aufzubessern. Wir haben in der Tat einen zweigeteilten Haushalt in Hamburg. Auf der einen Seite gibt es den städtischen Kernhaushalt, für den die engen Vorgaben des Grundgesetzes gelten, die wir nicht nur einhal- ten, sondern sogar übererfüllen, indem wir seit 2014 Überschüsse erwirtschaften. Gleichzeitig halten wir aber auch mehrere städtische Gesellschaften, die dafür sorgen, dass sich der Schulbau weiterent- wickelt oder der Nahverkehr funktioniert. Dass hier die Schulden ge- stiegen sind, liegt einerseits an der bereits erwähnten Situation rund um die HSH Nordbank, anderer- seits aber auch am Rückkauf der Energienetze von Vattenfall und E.ON, worüber das Hamburger Volk selbst abgestimmt hat. Bevor es also heißt, dass sich die Stadt in gewissen Bereichen zu stark verschulden würde, sollte man erst einmal genauer hinschauen. Der Hamburger Finanzhaus- halt profitiert von Steuerein - nahmen in Rekordhöhe und historisch niedrigen Zinsen. Schon jetzt gibt es allerdings erste Anzeichen, die auf ein Ende dieser Phase hindeuten. Wie wollen Sie die Zukunft un - serer Stadt dennoch bezahlbar halten? Da müssen wir in der Tat klug vorsorgen. Aus diesem Grund gehen wir den Weg der Haushalts- konsolidierung auch konsequent weiter. Das Ziel ist es, das der Hamburger Haushalt, der im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern nach der strengen kaufmännischen Buchhaltung geführt wird, auch nach diesen Regeln bis Mitte der zwanziger Jahre ausgeglichen ist. Ich sehe es als unsere Verpflichtung, dass wir den nachfolgenden Generationen etwas hinterlassen, was zur Gestaltung dieser Stadt beitragen kann. Es geht uns also um einen nachhaltig gesunden Haushalt. Was können Sie den Bürgern sagen, die sich um den Verkehr und zunehmende Staus in ihren Stadtteilen sorgen? Denen kann ich sagen, dass sie ein sehr gutes Nahverkehrs-Angebot haben, das ebenfalls mitwächst. Auch ich bin heute Morgen mit der U1 in die Stadt gefahren. Von Volksdorf kommt man mit der U-Bahn in weniger als 30 Minuten zum Hauptbahnhof. Das ist mit dem Auto während der Rush Hour nicht zu schaffen. Aus diesem Grund kann ich allen Bürgern nur sagen, nutzt dieses wirklich gute Angebot, was U- und S-Bahnen angeht. Sauber, sicher und zuverlässig. Das heißt, in Sachen Straßenverkehr bleibt alles beim Alten? Der Straßenraum ist nicht vermehrbar, weshalb wir den Fokus auf den Ausbau von U- und S-Bahnen legen. Speziell die U5 wird eine große Entlastungswirkung in den innerstädtischen Bereichen entfalten. Diese Projekte werden viel kosten, aber es ist sehr gut angelegtes Geld. Jonas Bormann Ein kluger Politiker zeichnet sich dadurch aus, dass er Wachstum gestaltet ALSTER MAGAZIN L O C A L P E O P L E Finanzsenator Dressel (r.) empfing Verleger Wolfgang E. Buss (M.) und Redakteur Jonas Bormann zum Interview in seinem Büro.