Frage Wachstum gestalten

34 | ALSTERTAL MAGAZIN MAGAZIN Nein, unser Problem sind aktuell nicht die Betriebszeiten des Flug- hafens, sondern die Verspätungen im gesamten Flugverkehr in Deutschland, die bei uns zu einer Störung der Nachtruhe nach 23:00 Uhr führen. Das betrifft alle Flughäfen in ganz Deutschland. Deshalb habe ich dazu jetzt gemeinsam mit dem Bundesverkehrsminister zu einem Luftverkehrsgipfel nach Hamburg eingeladen, um die Ursachen der Verspätungen anzuge- hen. Daran werden Mitglie- der der Bundesregierung, Ministerpräsidenten anderer Bundesländer, Vertreter der Deutschen Flugsicherung und Flughafen- und Airline-Chefs teilnehmen. Die Nachtflugbe - schränkung generell auf 22 Uhr vorzuverlegen, würde un- seren Flughafen im internati- onalen Luftverkehr abhängen und die Erreichbarkeit Ham- burgs aus der Luft zu stark einschränken. Hamburg wächst und wächst. Immer öfter ist deshalb die Rede von der ominösen 2,2 Millionen- Marke. Warum ist stetiges Wachstum aus Ihrer Sicht überhaupt ein erstrebens- wertes Ziel? Leidet unter der Masse nicht zwangsläu- fig die Lebensqualität des Einzelnen? Es gibt kein Ziel, eine be- stimmte Einwohnerzahl zu erreichen. Aber Hamburg ist eine moderne und lebenswerte Metropole, in der vieles besser funktioniert als anderswo. Deshalb hat Hamburg eine so hohe An- ziehungskraft. Wir können und wollen niemanden davon abhalten, in Hamburg zu arbeiten und zu leben. Die freie Wahl des Wohnorts ist ein Grundrecht in Deutschland und in Europa. Deshalb ist die Frage nicht, ob wir wollen, dass Hamburg wächst, sondern wie wir das Wachstum gestalten, um es mit einer Verbesserung von Lebens- qualität und Klimafreundlichkeit zu verbinden. Hamburg hat sich in den letzten Jahrzehnten gut entwickelt nicht trotz, sondern aufgrund des Wachstums und der damit verbundenen wirtschaftlichen Stärkung. Ein gutes Beispiel ist der A7-Deckel: Wir bauen die A7 aus, um Staus zu vermeiden und die Verkehrsanbindung zu verbessern. Mit dem Deckel schützen wir zugleich die Anwohner in Schnelsen, Stellingen und Altona besser vor dem Verkehrslärm, schaffen neue Flächen für Grünanlagen und Wohnungsbau mitten in der Stadt und verbinden Quartiere und Stadträume, die über Jahrzehnte getrennt waren. Hamburg ist übersäht von Baustellen, die Anwohnern, Geschäfts- inhabern und Autofahrern gleichermaßen das Leben erschweren. Was können Sie diesen Leuten mit auf den Weg geben? Die Frage ist, wie wir das Wachstum gestalten, um es mit einer Verbesserung von Lebensqualität und Klimafreundlichkeit zu verbinden Bürgermeister Peter Tschentscher (l.) traf Redakteur Jonas Bormann am Rande eines politischen Brunchs in Hummelsbüttel. Ein Großteil unserer Straßen wurde in den vergangenen Jahrzehnten sehr vernachlässigt, deshalb müssen wir jetzt einiges nachholen. Das führt zu vielen Baustellen, aber es ist nötig, um die Stadt in Ordnung zu bringen. Die Verkehrsbehörde versucht, die Bauarbeiten gut zu koordinie- ren und größere Sperrungen in die Ferienzeiten zu legen. Wenn es möglich ist, werden bestimmte Baumaßnahmen an Wochenenden abgewickelt und es wird auch nachts gearbeitet. Am Ende führen Baustellen aber immer zu Beeinträchtigungen, das lässt sich nicht wegkoordi- nieren. Wer hinter einem Bus fährt, kann riechen und sehen, wie sehr die Fahrzeuge die Hamburger Luft verpes- ten. Wann wird der Treib- stoff endlich von Diesel auf überwiegend Wasserstoff umgestellt? Die Hochbahn betreibt nur noch Busse, die der Euro5- Norm entsprechen oder bes- ser sind. Einige Elektro- und Hybrid-Busse werden bereits im Regelbetrieb eingesetzt und getestet. Ab 2020 werden in Hamburg nur noch saubere Busse angeschafft und zwar überwiegend Elektro-Busse. Bei der Hochbahn sind die ersten 60 Fahrzeuge bereits bestellt. Die Verkehrsbetrie- be Hamburg-Holstein GmbH hat in den letzten Wochen die Beschaffung von 44 emissionsfreien Bussen für die Jahre 2019 und 2020 ausgeschrieben. Wasserstoffbusse sind in Europa noch nicht marktreif, sie werden vielleicht später dazukommen. Das Fahrrad ist das Verkehrsmittel der Zukunft und trotzdem befinden sich die Hamburger Radwege in teils katastrophalem Zustand. Wie passt es da ins Bild, dass die Stadt laut Greenpeace jährlich gerade einmal 2,90 Euro pro Einwohner für den Radverkehr ausgibt? Die Zahl gibt nicht den aktuellen Stand wieder. Tatsächlich inves- tiert Hamburg derzeit 8,33 Euro pro Einwohner in den Ausbau des Radverkehrs. Jedes Jahr werden in Hamburg über 30 Kilometer Radwege neu gebaut und in Ordnung gebracht. Neben dem Ausbau der Radwege und Velorouten schaffen wir mehr Abstellplätze und erweitern das StadtRad-System. Das alles zusammen macht das Radfahren in Hamburg attraktiver. Das merken auch die Hamburgerinnen und Hamburger. Der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr ist in den letzten Jahren gestiegen. Das ist gut für die Umwelt, den Verkehr und unsere Gesundheit. Jonas Bormann Fortsetzung von Seite 32