Jahrhundert Nach hundert

24 | ALSTERTAL MAGAZIN MAGAZIN B erta Martin wurde inmitten einer Großfamilie geboren. Elf Geschwister, ein Häuschen mit Garten und eine fürsorgliche Mutter, die mit viel Fleiß, Disziplin und Liebe die Familie zusammenhielt, pflegte und hegte. Es war September vor 100 Jahren, kurz vor Ende des ersten Weltkrieges. Wir haben in Wilhelmsburg gewohnt. Das kleine Häuschen hatte einen Garten. Da gab es auch Schweine und Hühner. Wenn wir Hunger hatten, wurde ein Schwein geschlachtet. Dazu gab es Gemüse aus dem Garten. Und immer gab es Eier, erzählt die alte Dame. Immer sehr fettige, energiereiche Speisen und oft und gerne drei Eier macht Berta Martin sich auch heute noch zum Essen. Nach Schulabschluss mit 15 Jahren arbeitete Berta im Milchladen in Harburg. Jeder musste seinen Anteil zum Familienunterhalt bei- tragen, das war keine Frage. Berta wurde erwachsen, lernte ihren zukünftigen Mann kennen und zog mit ihrer kleinen Familie, Mann und zwei Töchtern 1952 nach Hummelsbüttel. Auch hier war der Garten kein Ziergarten. Es wurden Kartoffeln und anderes Gemüse angebaut. Das war weit verbreitet, auch viele Hummelsbüttler mach- ten es so. Anfangs waren wir noch zugereiste Hummelsbüttler, so Berta. Ich fuhr immer noch nach Harburg in den Milchladen. Mit Bussen. Dadurch kannten mich die Hummelsbüttler nicht so gut. Später hat Sie im Gemüseladen gearbeitet. Wo heute Penny steht war damals eine kleine Geschäftszeile, ein Bäcker, ein Schuster und ein Gemüseladen. Wir haben die Salatblätter abgewogen. Wenn jemand 60 Gramm Salat wollte, hat er das bekommen. Seitdem ist aus der Zugereisten eine bekannte und beliebte Hummelsbüttlerin geworden. Ihre Töchter haben geheiratet und je eine Tochter bekommen. Und diese beiden Enkeltöchter haben dann auch wieder je eine Tochter und zwei Mädchen bekommen, zusammen drei Urenkelinnen. Ein echter Weiberhaushalt. Die Männer mussten erbeutet werden. Meine Geschwister sind mittlerweile alle tot. Nur ich bin übrig. Ich habe eben gute Gene. Dramatisch war der Herzinfarkt mit Todesfolge einer ihrer Töchter. Das war eine Woche vor meinem 90. Geburtstag. Das war ein sehr trauriger Geburtstag. Heute lebt sie mit ihrer Tochter und deren Mann im Hummelsbüttler Haus, der erste Stock ist ihr eigenes Refugium. Sie ist voll ins Familienleben integriert und die ganze Familie ist für sie da. Ihre Tochter erzählt, dass ihre Schwester und sie sich früher immer gewarnt haben, wenn die Mutter kam: Der General ist im Anmarsch. Aber jetzt wirkt ihr ausgeglichenes Wesen angenehm beruhigend auf ihre lebhafte Tochter, Enkelinnen und Urenkelinnen. Auch der Schwiegersohn findet: Sie ist die beste Schwiegermutter, die man haben kann. Ich möchte niemals ins Heim. Auf keinen Fall! Das ist schon längst in der Familie besprochen. Die Tochter: Wenn es gar nicht mehr geht, kann oben in einem Zimmer eine Betreuerin fest wohnen. Der Platz ist da.. Bei so viel Liebe und Fürsorge wird das auch so bleiben können. Ich lebe immer noch sehr gerne. Und zwischen meiner Familie fühle ich mich sehr wohl und aufgehoben. Und darauf kommt es an. cd Als die Hummelsbüttlerin Berta Martin geboren wurde, war der erste Weltkrieg einen Monat später zu Ende. Die Familie besaß ein Häuschen mit großem Garten, Tieren und eigenem Gemüse. Berta Martin hat viel erlebt und erzählt dem Alstertal-Magazin von damals und heute. Ein Jahrhundert Berta Martin ist noch ganz präsent. Nach hundert Lebensjahren. Mit ihrem friedlichen und ruhigen Wesen wirkt sie beruhigend auf ihre quirlige Familie. Mit 15 Jahren, freundlichem Wesen und langen schwarzen Zöpfen, war Berta Martin ein Highlight im Milchladen. Mutter und Tochter sind zusammen 175 Jahre alt und miteinander fröhlich und lebenslustig.