POLITIK GELD MACHT

16 | ALSTERTAL MAGAZIN MAGAZIN Wofür stehst du denn politisch eigentlich? Wo würdest du dich in der SPD verorten? Auf dem linken Flügel der SPD oder, wie Dein Vorgänger, auf dem rechten Flügel? Ich bin von ganzem Herzen Sozialdemokratin. Das ist mir das Al- lerwichtigste. Und ich glaube auch nicht, dass es um gute Politik zu machen in erster Linie wichtig ist, ob man links oder rechts oder in der Mitte steht, doch ja, es gibt verschiedene Gruppierungen, auch in der Bundestagsfraktion. Um das zu erläutern: Es gibt die sogenannte Parlamentarische Linke als Gruppierung, wie schon der Name sagt, eher Mitte-links orientiert. Da gibt es die sogenannten Seeheimer, die den Mitte, Mitte-rechts Kurs vertreten, und in der Mitte gibt es eine eine Gruppierung, die nennt sich die Netzwerker. Dort war ich am Dienstag zum Beispiel und habe mir das mal angeguckt. Sagt vielleicht auch schon was. Aber ich glaube grundsätzlich, um gute Politik im Bundestag machen zu können, muss man die Grundsätze der Sozialdemokratie vertreten können. Kommen wir auf die Essenz Deines Mandats. Was sind die poli- tischen Ziele? Doch wohl hoffentlich nicht ein Weiter so in ei - nem gescheiterten Europa mit einer übergriffigen Zentralbank, die inzwischen selbst das Verfassungsgericht kri- tisch sieht. Was läuft da schief? Und was müssen wir verbessern - und wofür stehst du politisch? Ich möchte, dass jeder Mensch in Hamburg ein gutes Zuhause findet. Ich glaube, das kann jeder verschieden definieren. Das ist für den einen die konkrete Wohnsituation, die man sich wünscht, dass man sich dort Veränderungen wünscht. Das ist für die anderen das Thema Lärm vor der Haustür. Das ist die Kinderbetreuung für Mütter und Väter. Das ist die Situation für ältere Menschen. Ich glaube wirklich, dass es wichtig ist, dass Politik auf konkrete, pragma- tische Lebenssituationen guckt und die konkret verbessert. Und um ein Beispiel zu nennen, was wir heute beschlossen haben. Wir haben das Kurzarbeitergeld erhöht auf 87 Prozent. Ich glaube, das ist etwas ganz Wichtiges, gerade in dieser Situation und wird konkret helfen. Ich war immer im Bereich Wirtschaft, Verkehr, Stadtentwicklung tätig, und es gibt diesen schönen Satz: Eine Wirtschaft muss dem Menschen dienen, den finde ich sehr richtig. Ich bin durchaus da - für, dass Unternehmen gute Chancen haben sich zu entfalten, dass wir aber auch niemals Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerrechte vernachlässigen. Ich finde, eine der größten politischen Leistungen war der Mindestlohn. Wir werden morgen zum ersten Mal über die Grundrente diskutieren. Du hast Corona erwähnt. Unser Hamburger Bürgermeister, den ich schätze, er ist Dein Parteimitglied, hat immer wieder betont: Er und der Senat hätten alles richtig gemacht. Wie stehst du zu den Corona-Maßnahmen? Es gibt ja zur Zeit eine wachsende Front, die den Umgang von Politik und Regie- rung im Umgang mit dem Virus als viel gefährlicher darstellen als den Virus selbst. Wo stehst du in dieser Diskussion? Ich denke, es war völlig richtig, dass wir zweifellos sehr harte Maß - nahmen ergriffen haben. Als Erfolg definiere ich mal die Eindämmung des Corona-Virus und die nicht steigenden Infektionszahlen. Dieser Erfolg gibt uns recht. Ich glaube, heute hatten wir gerade mal sechs neue Corona-Infektionen in Hamburg. Die letzten Tage waren das auch nur sehr wenig. Das heißt ja, dass alle Maßnahmen, die wir ergriffen haben, inklusive die Schließungen von Schulen, Kitas, Geschäften, also das ganze Maßnahmenpaket, die nicht leicht waren und die Menschen vor große Herausforderungen gestellt hat, richtig waren. Ich glaube, im Moment tauchen da einige Verschwörungstheoretiker auf. Trotzdem finde ich es völlig richtig, dass wir jetzt auch nochmal Maßnahmen beschlos - sen haben, dass mehr getestet wird, weil wir einfach die Sicherheit brauchen, dass die Corona-Pandemie auch weiterhin eingedämmt wird. Natürlich wollen wir alle natürlich, dass die Schutzmaßnahmen wieder gelockert werden. Wir alle wollen uns wieder irgendwann mit Freunden im Café treffen und Sport treiben. Und es wurde ja auch die letzten Wochen Stück für Stück gelockert, immer natürlich vor dem Hintergrund, dass die Zahlen nicht steigen dürfen. Jeder von uns hat noch die schrecklichen Bilder von Italien oder Spanien im Hinter- kopf. Das wollten wir auf jeden Fall nicht nur in Hamburg, auch in Deutschland vermeiden. Insofern ist es jedem klar, dass wir viel von unserer Bevölkerung abverlangt haben. Aber es ging nicht anders. Wir dürfen die vielen Kritiker nicht alle als Verschwörungsthe- oretiker abkanzeln. Vielleicht wurde tatsächlich ein unnötiger Kollateralschaden angerichtet, wirtschaftlich, gesundheitlich wie auch psychisch. Auch unser Bürgermeister zitiert gerne Ita- lien und Frankreich als schlechte Beispiele. Doch warum zitiert er nicht Schweden? Die es ganz anders gemacht haben, keinen gigantischen wirtschaftlichen Kollateralschaden erzeugt haben. Hätten wir uns so verhalten wie die Schweden, wäre uns virolo- gisch genauso wenig passiert. Es gab in Schweden deutlich mehr Tote als in Deutschland. Das kann man mal irgendwie sagen. Wenn es mehr Tote gibt, dann muss ich ganz klar sagen: nein. Und man muss auch sagen, das bestätigen auch Wissenschaftler: In Schweden sind die Langzeitfolgen nicht absehbar. Sie sind einen anderen Weg gegangen mit besagten Konsequenzen und Folgen. Aber ich muss es auch mal ganz deutlich sagen: Ich glaube, es ist von jedem abzuverlangen, dass für einige Wochen Cafés und Restaurants nicht offen haben, wenn man als Staat den betreffenden Unternehmen Unterstützung gibt, was wir ja getan haben. Das hat Schweden nicht getan. Ich finde das einen sehr gefährlichen und sehr riskanten Weg. Vielen Dank dafür für deine Position. Ich habe noch eine Frage zu Deiner Zukunft. Bisher be- treibst Du mit Matthias Onken (ehemals BILD) eine kleine PR-Firma. Wollt ihr das so weiterma- chen oder sollte man das als MdB besser ruhen lassen? Mein Geschäftspartner Matthias und ich haben uns darauf verständigt, dass ich ab sofort, ab letzten Freitag sozusagen mein Arbeit ruhen lasse. Ich bin weiterhin Gesellschafterin, das Unternehmen gibt es weiter- hin, aber die alleinige Geschäftsführung hat Matthias; sicherlich mit personelle Unterstützung, die er sich dann noch suchen muss. Aber wie gesagt, ich bin aus dieser aktiven Rolle raus. Noch ein bisschen journalistische Neugierde: Ist das jetzt nur für diese letzte Phase der Legislatur für Dich? Oder wirst du dich wiederum bewerben und erneut kandidieren? Vielleicht noch die ergänzende Frage, eine Kandidatur für den Wahlkreis 21 (HH-Nord und Alstertal), oder für Hamburg Mitte, den ehe- maligen Wahlkreis von Johannes Kahrs? Sofern meine Partei das möchte und die Delegierten mich aufstellen, würde ich sehr gerne wieder für den Bundestagswahlkreis Nord / Alstertal kandidieren. Offiziell heißt der Wahlkreis Nr. 21. Ich mache seit 1998 Politik im Hamburger Bürgerschaftswahlkreis, was ja ein Teil des Bundestagswahlkreis ist und spätestens im letzten Bundestagswahlkampf habe ich ihn noch viel besser kennengelernt und möchte mich auch dort sehr gerne wieder zur Wahl stellen. Ich fasse zusammen: Es gibt wahrscheinlich eine zweite Auflage des Duells gegen Christoph Ploss (CDU), und wir sind jetzt schon gespannt, wie das ausgeht. Darüber werden wir noch spannend berichten . Herzlichen Dank für dieses Gespräch, Dorothee. WER POLITIK FÜR GELD MACHT, MACHT POLITIK AUS EINEM FALSCHEN GRUND. Plötzlich im Bundestag! Dieses Interview ist leicht gekürzt. Das ganze Gespräch gibt es als Podcast überall dort, wo es gute Podcasts gibt, und unter https:// magazine.hamburg/ploetzlich-im- bundestag/ (QR-Code scannen) Fortsetzung von S. 14