Autoarmes Volksdorf Ortszentren

24 | ALSTERTAL MAGAZIN Autoarmes Volksdorf... Händler im Ortskern wollen gehört werden In allen Bezirken diskutiert Hamburg über die Frage, wie die Ortszentren attraktiver gestaltet werden können. Das Thema Mobilität ist dabei zentral und besonders ein Aspekt taucht immer wieder auf: Müssen die Autos raus aus den Zentren? In Pilotprojekten wird diese Option immer wieder getestet. P rominentes Beispiel dafür ist der konfliktreiche Versuch in Ottensen und aktuell die vermeintliche Verkehrsbe - ruhigung am Jungfernstieg. Seit Oktober 2020 ist der Autoverkehr dort zumindest in der Theorie ausgesperrt. Den Mittelstreifen ziert eine provisorische Bepflanzung in einfallslosen Holzkübeln. Problematisch an dieser Situation ist dabei nicht nur die reduzierte Optik des Vorzeigeboulevards. Auf - grund mangelhafter Verkehrsführung fahren weiterhin viele Autos über den Jungfernstieg, vor allem sind aber verstopfte Seitenstraßen die Folge. Nicht selten werden bei Planungen dieser Art diejenigen vergessen, die am stärksten davon betroffen sind: die ansässigen Händler und Betriebe. Und nun wird auch in Volksdorf seit geraumer Zeit ein ähnlicher Verkehrsversuch wie zuvor in Ottensen vorbereitet. Der Rot-Grün geführte Bezirk plant einen Test, der den Volksdorfer Ortskern über mehrere Monate hinweg autoarm machen soll. Ursprünglich war dieses Projekt für die Sommermonate 2021 geplant. Aufgrund der Corona-Pandemie und vielleicht auch um Aufregungen vor der Bun - destagswahl zu vermeiden, hat die Politik sich dafür entschieden, die Verkehrsberuhigung auf das kommende Frühjahr zu verschieben. Während die Verschiebung bei vielen ansässigen Betrieben Zustim - mung fand, bleibt das Projekt insgesamt umstritten. Der Einzelhandelsverband VMG Nord hat nun die ortsansässigen Händler zu dem Projekt und Ihren Vorstellungen befragt, da sie bislang Ihre Ideen nicht ausreichend einbringen konnten. Zusammen mit der Interessengemeinschaft Volksdorfer Kaufleute hat der Verband eine Umfrage bei den Händlern im Ort durchgeführt. Die Ergebnisse dieser kleinen Studie, an der sich 28 Betriebe beteiligten, liegen dem Alstertal Magazin exklusiv vor. Und diese sind aufschlussreich, teilweise brisant. Immerhin bewertet jeder dritte Händler die Idee eines autoärmeren Ortskerns positiv. 50 Prozent der Teilnehmer gaben allerdings an, dass sie der Idee negativ gegenübersteht. 18 Prozent sind unentschlossen. Brisant: eine deutliche Mehrheit von 75 Prozent gibt an, dass sie ne - gative oder stark negative Auswirkungen für ihren Betrieb befürchten, wenn die Pläne so umgesetzt werden, wie es der Bezirk bisher vor - sieht. Vor allem werden Umsatzrückgänge befürchtet, weil weniger Kunden kommen. 70 Prozent geben an, dass sie auf die Parkplätze angewiesen sind. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Händler für neue Ideen zur Attraktivitätssteigerung offen sind. Einfach nur die Parkplätze rausnehmen, das reicht nicht, so der Vorsitzende des Einzelhandelsverbandes VMG, Volker Tschirch. Er regt einen Architektenwettbewerb an, um den dann verkehrsberuhigten Bereich neu zu gestalten und so attraktiver zu machen. Und alle Planungen müssen praxistauglich bleiben. Wer wird wirklich bei Schmuddelwetter im kleinen Ortskern flanieren wollen?, fragt Tschirch. Eine starke Reduzierung der Parkplätze entlang der Claus-Ferck- Straße und im Alten Dorfe bedeutet für die Händler im Ortskern, dass sie von zahlreichen Kunden nicht mehr erreicht werden können. Unsere Reinigungen oder auch die Bäcker sind auf Kurzparker ange - wiesen, die sonst anderswo hinfahren betont der VMG-Vorsitzende. Insbesondere für ältere Kundschaft sind die Pläne des Bezirks eine Zumutung, bestätigt Andrea Eickmeier, die das Projekt für die Interessengemeinschaft Volksdorfer Kaufleute begleitet und selbst ein Geschäft für Kindermode im Ortskern betreibt. Es könne nicht sein, dass derartige Ideen, die sich in der Theorie schön anhörten, völlig vorbei an den Betroffenen umgesetzt würden, sind sich Eick - meier und Tschirch einig. Der Bezirk verweise gern darauf, dass der Versuch gerade dazu da sei, die Folgen für alle zu ermitteln. Diese Argumentation verkennt völlig, dass auch ein mehrwöchiger Versuch negative Auswirkungen auf unser Geschäft haben wird - egal, ob er aus Sicht des Bezirks am Ende geglückt ist, so Eickmeier. Das sei gerade in einer Phase, in der sich viele Einzelhändler erst von den Folgen der Pandemie erholten, unverantwortlich. Der VMG hat die Ergebnisse seiner Studie dem Bezirk zur Verfügung gestellt und will diese mit der Politik diskutieren: Wir wollen eine gute Lösung für die Betriebe im Volksdorfer Ortskern und für die Kunden finden. Dafür ist es noch nicht zu spät, resümiert Volker Tschirch. Es ist noch nicht zu spät für eine gute Lösung für die Betriebe und für die Kunden im Volksdorfer Ortskern , sagt Volker Tschirch, Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes VMG. MAGAZIN V M G